Schilddrüse

Im Schilddrüsenzentrum Bochum sind Operationen an Schilddrüse und Nebenschilddrüse ein wesentlicher Schwerpunkt. Die Operationen werden von speziell qualifizierten Chirurgen ausgeführt unter den erforderlichen Qualitätsbedingungen.

Wissenswertes zur Schilddrüse

Anatomie

Die Schilddrüse liegt unmittelbar vor der Luftröhre, unterhalb des Kehlkopfes. Sie besteht aus zwei Lappen und hat die Form eines Schmetterlings. Die Schilddrüse wiegt bei einer Frau ungefähr 18 Gramm und beim Mann ca. 25 Gramm. Die Schilddrüse besteht aus spezialisierten Schilddrüsenzellen, die sich in Form vieler kleinster Bläschen (Follikel) aneinander lagern. Umgeben wird die Schilddrüse von einer bindegewebigen Kapsel, welche die hinter der Schilddrüse gelegenen Nebenschilddrüsen (Epithelkörperchen) mitumfasst. Hinter den Schilddrüsenlappen verlaufen beidseitig diejenigen Nerven, welche die inneren Kehlkopfmuskeln innervieren und damit für die Stimmbildung verantwortlich sind. Auf Grund ihres anatomischen Verlaufes werden sie Nervi recurrentes (Rückläufernerven) genannt. Bei Schilddrüsenoperationen müssen diese Nerven geschont werden.

Funktion

Die Schilddrüse ist verantwortlich für die Produktion, Speicherung und Ausschüttung der Schilddrüsenhormone. Die beiden wichtigsten Hormone sind das Trijodthyronin (T3) und Thyroxin (T4). Beide bestehen zu einem Großteil aus dem Spurenelement Jod. Das Thyroxin besitzt vier Jod-Atome (T4), das Trijodthyronin entsprechend nur drei (T3). Durch die Abspaltung eines Jod-Atoms kann im Körper aus dem weniger wirksamen, aber dafür langlebigeren T4 das kurzlebigere, aber wirkungsstärkere Hormon T3 gebildet werden.
Zur Hormonsynthese benötigt der Körper Jod. Dieses muss mit der Nahrung aufgenommen werden. Der Jodbedarf bei einem Erwachsenen beträgt 150-200µg.
Die Hormonproduktion der Schilddrüse unterliegt der Steuerung durch Zwischenhirn und Hirnanhangsdrüse (Hypophyse). Bei zu niedrigem Schilddrüsenhormonspiegel im Blut wird die Schilddrüse mittels hormonaler Signale dazu stimuliert, vermehrt Schilddrüsenhormone auszuschütten. Diese sind für die Regulierung der Grundaktivität jeder Körperzelle verantwortlich. Das Fehlen beider Hormone ist mit dem Leben unvereinbar. Bei einer Unterversorgung mit Schilddrüsenhormonen werden Energiehaushalt und Stoffwechsel der Körperzellen gebremst. Eine krankhaft erhöhte Schilddrüsenhormonmenge im Blut führt zu einer Überfunktion mit entsprechend erhöhtem Energiebedarf.

Aufgaben der Schilddrüse

In der Schilddrüse werden aus Jod und anderen Substanzen die Schilddrüsenhormone gebildet. Diese Botenstoffe sind Bestandteile eines hormonellen Regelkreises und steuern als solche fast alle wichtigen Körperfunktionen:

  • Herzaktivität und Blutdruck
  • Energiestoffwechsel, Körpergewicht
  • Kohlehydratstoffwechsel, Insulinproduktion
  • Fett- und Eiweißstoffwechsel, Cholesterinwerte
  • Gehirnaktivität, Psyche
  • Muskelstoffwechsel, Muskelkraft
  • Darmtätigkeit, Verdauung
  • Wachstum und Reifung von Ungeborenen im Mutterleib und von Kindern

Erkrankungen der Schilddrüse

Bei jedem 3. Erwachsenen in Deutschland lassen sich Schilddrüsenveränderungen in Form von Vergrößerung der Schilddrüse oder Knoten nachweisen. Die Häufigkeit steigt mit zunehmendem Alter. Grundsätzlich kann auch die Funktion der Schilddrüse betroffen sein in Form einer Über- oder Unterfunktion. Häufig bestehen Überschneidungen und Mischformen. Die wichtigsten Erkrankungen der Schilddrüse sind:

Diagnostik

Zu einer gründlichen Untersuchung zählt ein ausführliches Patientengespräch über Vorerkrankungen, Schilddrüsenkrankheiten in der Familie, Beschwerden, sowie eine körperliche Untersuchung mit Abtasten der Halsregion zur Beurteilung einer möglichen Vergrößerung der Schilddrüse. Es schließen sich verschiedene Untersuchungen an.

Sonografie (Ultraschall)
Das wichtigste bildgebende Diagnose-Verfahren ist die Schilddrüsen-Sonografie. Dabei wird die Halsregion mit einem Schallkopf von außen untersucht. Das Ultraschallbild lässt Rückschlüsse auf Größe, Lage, Form und Gewebebeschaffenheit der Schilddrüse zu, dabei können Knoten bereits ab einer Größe von wenigen Millimetern erkannt werden.
Die Ultraschalluntersuchung ist die wichtigste Methode zum Erkennen von krankhaften strukturellen Veränderungen wie Vergrößerung und Knoten. Bei der Sonografie wird das Volumen jedes Schilddrüsenlappens in Millilitern (ml) bestimmt. Auch die Größe von Knoten, Zysten und anderen krankhaften Veränderungen kann hierdurch exakt ausgemessen werden und kann zur Verlaufskontrolle jederzeit eingesetzt werden.


Szintigrafie
Szintigrafien sind nuklearmedizinische Untersuchungen, mit denen die Aufnahme und Verteilung einer schwach radioaktiven Substanz im Körper beurteilt werden kann. Bei der Schilddrüsenuntersuchung kommt am  häufigsten die Technetium-Szintigrafie zum Einsatz. Da sich Technetium im Körper wie Jod verhält, wird die Jodaufnahme der Schilddrüse beurteilt. Die Verteilung des Jods wiederum erlaubt Rückschlüsse auf die Funktion der Schilddrüse und kann Hinweise auf verschiedene Erkrankungen geben.
Areale in der Schilddrüse, in denen kein oder sehr wenig Jod aufgenommen wird, nennt man „kalt". Areale mit überproportionaler Aufnahme von Jod werden als „warm" bezeichnet, bei sehr starker Speicherung als „heiß". Kalte Knoten produzieren keine Schilddrüsenhormone, es handelt sich meist um Zysten, um gutartige Tumore, manchmal auch um einen Krebs. Warme oder heiße Knoten führen zur Überproduktion von Schilddrüsenhormonen, es handelt sich meist um so genannte autonome Adenome.
Neben dem Technetium-Szintigramm zur Basisdiagnostik gibt es auch noch andere szintigrafische Untersuchungen zur Beantwortung spezieller Fragestellungen. So zum Beispiel das Suppressions-Szintigramm zur weiteren Abklärung bei warmen und heißen Knoten, das Jod-Szintigramm vor einer Radiojodtherapie oder in der Krebsnachsorge sowie das Sestamibi-Szintigramm zur Beurteilung der Stoffwechselaktivität kalter Knoten.

Blutuntersuchungen
Bei Verdacht auf eine Schilddrüsenerkrankung können unterschiedliche Blutuntersuchungen Informationen liefern. Dabei werden unter anderem folgende Werte ermittelt:
TSH-Wert
TSH (Thyroidea Stimulierendes Hormon) wird von der Hirnanhangdrüse gebildet und steuert die Schilddrüsenaktivität. TSH ist ein empfindlicher Marker, mit dem bereits drohende Fehlfunktionen frühzeitig festgestellt werden können. Ist der TSH-Wert im Blut zum Beispiel zu niedrig, während die Schilddrüsenhormonwerte aber noch normal sind, handelt es sich um eine so genannte schlafende Überfunktion (latente Hyperthyreose). Umgekehrt liegt eine schlafende Unterfunktion (latente Hypothyreose) vor, wenn der TSH-Wert schon erhöht ist und die Schilddrüsenwerte noch normal sind.
T3/T4-Werte
Dabei wird die freie Menge der wichtigsten Schilddrüsenhormone im Blut gemessen. Dadurch kann festgestellt werden, ob tatsächlich eine Über- oder Unterfunktion besteht (manifeste Hyper- bzw. Hypothyreose).
Antikörper-Spiegel
Es gibt eine Reihe verschiedener Antikörper gegen bestimmte Bestandteile der Schilddrüse oder anderer wichtigerer Substanzen im Zusammenhang mit einer Schilddrüsenerkrankung. Diese Antikörper können im Blut bestimmt werden. Der Nachweis oder die Erhöhung bestimmter Antikörper kann sehr charakteristisch für bestimmte Erkrankungen sein (z.B. TRAK bei Morbus Basedow, TPO bei der Hashimoto-Thyreoiditis). Es gibt allerdings nicht selten Überschneidungen. Manchmal findet sich eine Erhöhung bestimmter Werte auch bei Gesunden. Daher muss bei der Bewertung der Einzelwerte immer auch die gesamte Befundkonstellation berücksichtigt werden.

Feinnadelpunktion
Bei dieser Methode werden durch eine dünne Hohlnadel winzige Gewebeteile aus der Schilddrüse entnommen. Die Nadel wird mit Hilfe von Ultraschall an der gewünschten Stelle positioniert. Mittels Unterdruck können einzelne Zellen herausgesaugt und zur Untersuchung in ein Speziallabor gegeben werden. Die Punktion wird meist zur Abklärung krebsverdächtiger Knoten eingesetzt und kann unter Umständen hilfreiche Hinweise ergeben. Ein definitiver Ausschluss von Bösartigkeit ist dadurch leider nicht möglich.

Wann ist eine Operation notwendig?

Ob und wie zügig eine Operation ansteht ist abhängig von der Art der Erkrankung, der Befundkonstellation und dem Wunsch des Patienten selbst. Eine eindeutige (absolute) Operationspflicht besteht bei jedem Verdacht auf eine bösartige Erkrankung oder nachgewiesener Bösartigkeit (Feinnadelpunktion). Eine Schilddrüsenoperation kann aber auch bei gutartigen Erkrankungen erforderlich oder wenigstens empfehlenswert sein.  Mögliche Gründe für eine Schilddrüsenoperation sind:  

  • Krebs und Krebsverdacht („suspekter Knoten")
  • Schilddrüsenvergrößerung (Struma)
  • Drüsenwucherung (Adenom)
  • Hohlraumbildung (Zyste)
  • Schilddrüsenüberfunktion (Hyperthyreose)
  • Morbus Basedow
  • Schilddrüsenentzündung

Häufig liegen mehrere Gründe für eine Operation vor , wobei es jeweils unterschiedlich starke Argumente für oder gegen einen operativen Eingriff geben kann. Neben objektiven Faktoren (wie z.B. Einengung der Luftröhre, Ausdehnung der Schilddrüse in den Brustkorb) spielen auch subjektive Faktoren wie Beschwerden oder der Wunsch des Patienten nach zweifelsfreier feingeweblicher Klärung eine Rolle. Bei der Entscheidung pro oder kontra Operation sollten außerdem mögliche Behandlungsalternativen erörtert werden. Diese gibt es z.B. bei einer Überfunktion, die als Einzelbefund auch durch eine Radiojodtherapie oder eine rein medikamentöse Behandlung unter Kontrolle gebracht werden kann.
Die Operation ist die einzige Behandlung, bei der sich der gewünschte Effekt (z.B. Größenreduktion, Beseitigung der Hormonproduktion) unmittelbar einstellt. Bei der Schilddrüsenoperation können alle krankhaften Veränderungen (z.B. heiße, warme und kalte Knoten) gleichzeitig behandelt werden. Zudem ist bei der Operation eine individuelle und befundorientierte Behandlung möglich: von der sparsamen Teilentfernung eines Lappens bis zur kompletten Entfernung der Schilddrüse. Und schließlich kann nur über eine mikroskopische Untersuchung des operativ entnommenen Schilddrüsengewebes durch einen Pathologen über Gut- und Bösartigkeit zweifelsfrei entschieden werden.
Das konkrete Operationsverfahren richtet sich immer nach den Erfordernissen des Einzelfalles und wird individuell abgestimmt.

Operationsrisiken

Bei einem erfahrenen Operateur verläuft eine Schilddrüsenoperation in der Regel komplikationslos. Das allgemeine Operationsrisiko (für Lungenentzündungen, Thrombosen, Herzinfarkte etc.) ist minimal und die OP-Sterblichkeit geht gegen Null.
Wundheilungsstörung, Infektion
Trotz aller Vorkehrungen und Fortschritte verbleibt auch bei einer Schilddrüsenoperation ein minimales Restrisiko für eine Entzündung oder gestörte Wundheilung. Dieses liegt jedoch unter 2 Prozent. Die meisten Infektionen heilen unter lokaler Behandlung rasch und folgenlos aus.
Blutung, Bluterguss
Blutungen oder eine Blutergussbildung können nach einer Schilddrüsenoperation auftreten. Hierdurch kann es zu unangenehmen Druckgefühlen oder zu Problemen beim Atmen kommen. Solche Blutergüsse werden operativ durch den bereits bestehenden Hautschnitt entfernt. Lebensbedrohliche Blutungen sind sehr selten.
Stimm- und Sprachstörungen
Spezielle Risiken bei Schilddrüsenoperationen sind die Verletzung des Stimmbandnerves Durch die unmittelbare anatomische Nachbarschaft der Schilddrüse zum Kehlkopf und den Stimmbandnerven kann es bei der Operation zu verschiedenen Auswirkungen auf die Stimm- und Sprachbildung kommen.
Operations- und narkosebedingte Schwellungen und Reizzustände im Halsbereich bilden sich meist innerhalb weniger Tage zurück. Bei der Schädigung eines Stimmbandnervs kommt es dagegen zu einer Lähmung des zugehörigen Stimmbandes (Recurrensparese). Ist nur eine Seite geschädigt, kann der Patient zwar sprechen und sich mitteilen. Die Stimme klingt jedoch meist heiser bis krächzend. Sind beide Stimmbänder gelähmt (sehr selten), kann zusätzlich Atemnot auftreten. In diesem Fall kann ein so genannter Luftröhrenschnitt (Tracheostoma) erforderlich sein. Je nach Schädigungsursache erholen sich die meisten Paresen wieder von selbst. Sollte es nicht zu einer vollständigen Wiederherstellung der Stimmqualität kommen, kann durch eine gute Stimm- und Sprachtherapie (Logopädie) in der Regel ein zufriedenstellendes Ergebnis erzielt werden. Das Risiko für eine Nervenverletzung hängt auch von den Operationsverhältnissen ab. Wiederholungs- und Krebsoperationen oder Eingriffe bei sehr großen Strumen gehen im Allgemeinen mit einer höheren Gefährdung einher.
Kalziummangel
Auch die Nebenschilddrüsen liegen anatomisch sehr nahe an der Schilddrüse und können daher bei ausgedehnten Operationen unbeabsichtigt beschädigt oder entfernt werden.
In den Nebenschilddrüsen wird Parathormon gebildet. Dieses Hormon steuert die Blutkonzentration von Kalzium, wodurch wiederum die Nerven- und Muskelfunktion sowie der Knochenstoffwechsel beeinflusst werden. Kommt es durch die OP zu einem Mangel an Parathormon (Hypoparathyreoidismus), fällt die Kalziumkonzentration im Blut ab. In Folge stellen sich Missempfindungen wie Kribbelgefühle oder Muskelkrämpfe ein, die medikamentös durch Calcium- und/oder Vitamin-D-Präparate behandelt werden.
Das Risiko für diese Komplikation variiert je nach Operationsverfahren, liegt bei allenfalls 1 Prozent.

Operation

Bei der Schilddrüsenoperation erfolgt der Hautschnitt in einer Hautfalte an der Vorderseite des Halses. Die Länge des Hautschnittes ist insgesamt an die Größe der Schilddrüse anzupassen. Insgesamt zeigen sich meist exzellente kosmetische Ergebnisse. Ein zentrales Anliegen der modernen Schilddrüsenchirurgie ist die größtmögliche Schonung verletzlicher Strukturen, wie der feinen Stimmbandnerven oder der kleinen Nebenschilddrüsen.


Intraoperatives Neuromonitoring
Eine zusätzliche Hilfe zur Schonung von Nerven ermöglicht das intraoperative Neuromonitoring. Dabei wird nach dem Prinzip „Stimulation und Reizantwort" verfahren. Über eine feine Sonde kann der Operateur während des Eingriffs regelmäßig minimale Stromstöße abgeben. Handelt es sich bei der gereizten Struktur um den Stimmbandnerv und ist dieser intakt, leitet der Nerv den Impuls seiner Aufgabe entsprechend an den zuständigen Kehlkopfmuskel weiter und es kommt zu einer Öffnung des Stimmbandes.
Dies wird heute in der Regel über einen speziellen Beatmungstubus kontrolliert. Der Tubus ist ein Silikonschlauch, der bei jeder Vollnarkose zur Beatmung des Patienten zwischen seinen Stimmbändern hindurch in die Luftröhre eingeführt wird. Für das Neuromonitoring sind auf Höhe der Stimmbänder feine Elektroden eingearbeitet. So kann sich der Arzt zu jedem Zeitpunkt von der Funktionsfähigkeit des Regelkreises überzeugen und die Operationstaktik anpassen.
Die Technik wird an vielen Krankenhäusern bereits routinemäßig eingesetzt. Allerdings ist das Neuromonitoring eine sehr sensible und auch störanfällige Methode. Und gibt keine 100-prozentige Genauigkeit.


Schonung der Nebenschilddrüsen
Neben den zarten Stimmbandnerven gilt die Aufmerksamkeit des Operateurs darüber hinaus den kleinen Nebenschilddrüsen. Manchmal haben sie keine eigenständige Blutversorgung, sondern werden von Blutgefäßen der Schilddrüse versorgt. Dann kann es nach dem Entfernen des Organs zu einer Minderdurchblutung der Nebenschilddrüsen kommen. Durch die Möglichkeit der intraoperativen Parathormonbestimmung kann ein Hormonabfall bereits während der Operation erkannt oder ausgeschlossen werden.
Die Funktionstüchtigkeit einer schlecht durchbluteten Nebenschilddrüse kann durch eine Auto-Replantation gerettet werden. Dazu wird eine solche Nebenschilddrüse zunächst entfernt, in viele Gewebestücke zerkleinert und in eine gut durchblutende Muskeltasche im Operationsgebiet wieder eingepflanzt. Es ist auch möglich, das Nebenschilddrüsengewebe bei großer Kälte einzufrieren und zu einem späteren Zeitpunkt wieder einzupflanzen. Ist dies erfolgreich, wird auch an der neuen Stelle Parathormon gebildet.

Operationsverfahren

Durch den chirurgischen Eingriff sollen alle krankhaften Veränderungen der Schilddrüse sicher und zuverlässig entfernt werden. Denn auch bei gutartigen Erkrankungen gibt es ein Rückfallrisiko. Bei der reinen Knotenausschälung gab es im Langzeitverlauf statistisch gesehen bis zu 40 Prozent Wiederholungseingriffe. Um Wiederholungsoperationen zu vermeiden, wird deshalb bei vielen Erkrankungen eher mehr als zu wenig Gewebe entnommen. Dies gilt insbesondere bei Erkrankungen, die meist die gesamte Schilddrüse betreffen, z.B. Morbus Basedow, Struma multinodosa.
In der Regel wird erst während der Operation definitiv entschieden, ob und wie viel Gewebe entfernt werden muss. Denn manchmal werden hierbei mehr krankhafte Veränderungen festgestellt, als vor der Operation vermutet wurden. Dann sollte das Verfahren entsprechend angepasst werden. Die grundsätzliche Strategie und die möglichen Abweichungen werden vor der Operation mit dem Patienten abgestimmt.
Bei der Operation gutartiger Veränderungen kommen grundsätzlich alle klassischen Operationsverfahren zum Einsatz. Wenn nur ein Schilddrüsenlappen erkrankt und der andere gesund ist, erfolgt in der Regel nur eine einseitige Operation. Dann sollte der erkrankte Lappen am besten komplett entfernt werden (Hemithyreoidektomie). Das hat den Vorteil, dass diese Seite dauerhaft geheilt ist und an diesen Stimmbandnerven und Nebenschilddrüsen nie wieder operiert werden muss. Der verbliebene Schilddrüsenlappen kann die komplette Funktion der Schilddrüse nach einer gewissen Anpassungszeit übernehmen.
Häufig bestehen allerdings in beiden Schilddrüsenlappen krankhafte Veränderungen. Diese werden nach Möglichkeit gleichzeitig entfernt. Je nach Befund und Wunsch des Patienten werden dabei auf einer oder beiden Seiten mehr oder weniger große Schilddrüsenreste belassen oder die Schilddrüse komplett entfernt.
Bei der Entscheidung spielen auch operationstaktische Gesichtspunkte eine Rolle. Zur Vermeidung von Risiken und Komplikationen kann es in bestimmten Situationen sinnvoll sein, dass z.B. in der Nähe der Nebenschilddrüsen oder des Stimmbandnervs kein radikaler Eingriff erzwungen wird.
Vergleichbares gilt auch, wenn z.B. nach der Operation am ersten Schilddrüsenlappen nicht klar ist, ob der Stimmbandnerv noch richtig funktioniert. Um das andere Stimmband nicht zusätzlich zu gefährden und eine beidseitige Stimmbandlähmung zu vermeiden, wird auf der anderen Seite vorerst gar nicht operiert.

Nachsorge

In den Stunden nach der Schilddrüsenoperation erfolgt eine klinische Überwachung der Herz-Kreislauf-Parameter, eine Kontrolle des Verbandes und der eventuell eingelegten Wunddrainagen. Die Wunddrainagen werden am ersten bis zweiten Tag nach der Operation entfernt, die Laborparameter insbesondere der Calciumspiegel werden vor der Entlassung überprüft. Der Hautfaden wird am dritten bis vierten postoperativen Tag gezogen. Am zweiten postoperativen Tag erfolgt eine Hals-Nasen-Ohren-ärztliche Untersuchung zur Kontrolle der Stimmbandfunktion. Vor der Entlassung aus der Klinik erfolgt ein abschließendes Gespräch mit den behandelnden Ärzten zur Besprechung des Befundes der feingeweblichen Untersuchung (Histologie) und eine Festlegung der weiteren medikamentösen Therapie. Die weitere Betreuung übernimmt dann Ihr Hausarzt bzw. der behandelnde Endokrinologe. Zur Vermeidung einer erneuten Knotenbildung eines verbliebenen Schilddrüsenrestes ist eine tägliche Einnahme von Jodidtabletten (empfohlen 200 µg / Tag) erforderlich. Zusätzlich ist eine Substitution von Schilddrüsenhormonen (Thyroxin) lebenslang erforderlich. Die Dosierung wird individuell nach der Schilddrüsenstoffwechsellage in den ersten vier bis sechs Wochen nach der Operation angepasst.

Nebenschilddrüse

Funktion

In den Nebenschilddrüsen wird das Parathormon gebildet, das den Calciumstoffwechsel des Körpers reguliert. Das Parathormon hat eine direkte Wirkung auf Knochen und Nieren. Wird von den Nebenschilddrüsen zu viel Parathormon produziert, erhöht sich der Calciumspiegel im Blut auf krankhafte und krankmachende Werte.

Anatomie

Die vier Nebenschilddrüsen (oder Epithelkörperchen) befinden sich in enger anatomischer Beziehung zur Schilddrüse. Normalerweise entspricht ihre Größe der einer Erbse.

Erkrankungen

Bei einer primären Überfunktion der Nebenschilddrüsen (primärer Hyper-parathyreoidismus) findet sich als Ursache in etwa 80 Prozent der Fälle ein solitäres Adenom. Die Symptome einer Nebenschilddrüsenüberfunktion sind Störungen der Nierenfunktion (Nierensteine, Niereninsuffizienz), des Knochenstoffwechsels (Osteoporose, Knochenschmerzen) sowie depressive Verstimmungen. In seltenen Fällen kommt es auch bei angeborenen familiären endokrinen Tumorerkrankungen (MEN-Syndrome) zum Auftreten eines primären Hyperparathyreoidismus.

Als sekundärer und tertiärer Hyperparathyreoidismus werden regulative Veränderungen der Nebenschilddrüsenfunktion mit einer Vergrößerung aller vier Nebenschilddrüsen aufgrund einer schweren chronischen Niereninsuffizienz oder nach Nierentransplantation bezeichnet.

Wann ist eine Operation notwendig?

  • Erhöhter Calciumspiegel im Blut
  • Erhöhter Parathormonspiegel im Blut
  • Nachweis einer verminderten Knochendichte bei Hyperparathyreoidismus
  • Auftreten von Nierensteinen bei Hyperparathyreoidismus

Operative Therapie

Die Operation der Nebenschilddrüsen erfolgt immer in Vollnarkose. Zur Vermeidung einer Funktionsstörung der Stimmbandnerven erfolgen an unserer Klinik eine Darstellung der Stimmbandnerven und eine Überprüfung der Funktion durch ein Stimulationsgerät (Neuromonitoring). Durch die vor der Operation durchgeführten Untersuchungen (Sonografie, Szintigrafie, MRT) kann der Operateur beim primären Hyperparathyreoidismus im Falle einer positiven Lokalisationsdiagnostik gezielt auf das vergrößerte Nebenschilddrüsenadenom zugehen und dieses vollständig entfernen. Noch in der Operation erfolgt, 15 Minuten nach Entfernung des Adenoms, eine laborchemische Bestimmung des Parathormonwertes, der auf zehn bis 20 Prozent des Ausgangswertes vor der Operation abgefallen sein muss. Nach einer zusätzlichen Bestätigung der Diagnose eines entfernten Nebenschilddrüsenadenoms durch einen Pathologen (Schnellschnitt-Untersuchung) wird die Operation beendet. Die Entfernung eines Nebenschilddrüsenadenoms kann in ausgewählten Fällen auch als so genannte minimal-invasive videoassistierte Operation (MIVAP) erfolgen. Eine individuelle Besprechung der Vor- und Nachteile der einzelnen operativen Vorgehensweisen erfolgt in unserer Sprechstunde oder vor der Operation auf der Station mit dem zuständigen Stationsarzt.

Bei Vorliegen einer sekundären oder tertiären Überfunktion der Nebenschilddrüsen werden alle vier Nebenschilddrüsen operativ dargestellt und entfernt. Zur Aufrechterhaltung des Calciumstoffwechsels wird eine halbe Nebenschilddrüse in den Unterarm replantiert.

Komplikationen

Trotz einer sehr präzisen Operationstechnik kann es auch an spezialisierten Zentren in seltenen Fällen zum Auftreten von Komplikationen nach Nebenschilddrüsenoperationen kommen.

Lähmung der Stimmbandnerven (Recurrensparese)
Eine einseitige Schädigung der Stimmbandnerven führt zum Auftreten einer Heiserkeit. Bei einer beidseitigen Schädigung der Stimmbandnerven resultiert eine tonlose Stimme verbunden mit einer Schluckstörung. Ursache für den Funktionsverlust der Stimmbandnerven ist praktisch nie eine Durchtrennung der Nerven, sondern meist eine Funktionsstörung durch Druck oder Zug. Eine Rückbildung der nach einer Schilddrüsenoperation bestehenden Heiserkeit findet in der Mehrzahl der Fälle nach einigen Wochen bis Monaten statt.

Funktionsstörung der Nebenschilddrüsen
Nach einer vollständigen Entfernung aller vier Nebenschilddrüsen mit Replantation einer halben Nebenschilddrüse kann, meist nur vorübergehend, nach der Operation ein Calciummangel auftreten, der sich in Form von Muskelkrämpfen äußert. Zur Behandlung der Symptome werden Calciumtabletten verabreicht.

Nachsorge

In den Stunden nach der Nebenschilddrüsenoperation erfolgt eine klinische Überwachung der Herz-Kreislauf-Parameter, eine Kontrolle des Verbandes und der eingelegten Wunddrainagen sowie eine Laboruntersuchung mit Bestimmung der Calciumwerte.

Die Wunddrainagen werden am ersten bis zweiten Tag nach der Operation entfernt, der Hautfaden wird am dritten bis fünften postoperativen Tag gezogen. Am zweiten bis vierten postoperativen Tag erfolgt eine Hals-Nasen-Ohren-ärztliche Untersuchung zur Kontrolle der Stimmbandfunktion. Vor der Entlassung aus der Klinik erfolgt ein abschließendes Gespräch mit den behandelnden Ärzten zur Besprechung des Befundes der feingeweblichen Untersuchung (Histologie) und einer Festlegung des weiteren Vorgehens. Die weitere Betreuung übernimmt dann Ihr Hausarzt bzw. der behandelnde Endokrinologe.

Ansprechpartnerin

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Oberärztin

Allgemein- und Viszeralchirurgie

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