Wenn das Baby zu früh kommen will

Was tun bei vorzeitigen Wehen? Diese Frage müs sen sich jedes Jahr Zehntausende von Elternpaa ren in Deutschland stellen. „In mindestens zehn Prozent aller Schwangerschaften setzen die Wehen zu früh ein“, sagt Privatdozent Dr. Peter Kern, Chefarzt der Geburtshilfe im St. Elisabeth-Hospital Bochum. Kein Problem kleiner Minderheiten also, sondern ein Risiko von größter gesellschaftlicher Relevanz.

Die Verhinderung von Frühgeburten ist eines der Spezialgebiete in der Geburtshilfe des Katholischen Klinikums. Kommt es dann trotz aller ergriffenen Maßnahmen doch zu einer vorzeitigen Entbindung, steht im St. ElisabethHospital unter Leitung von Dr. Norbert Teig eine erfahrene Neonatologie bereit, die – gemeinsam mit der Geburtshilfe – als sogenanntes Perinatalzentrum Stufe 1 klassifiziert ist. Dies bedeutet die höchste Sicherheitsstufe, die überhaupt erreichbar ist.

Treten vorzeitige Wehen ein, ist zunächst und in erster Linie der niedergelassene Frauenarzt gefordert, mit dem die allermeisten werdenden Mütter ohnehin eng im Kontakt stehen. Eine entscheidende Größe ist dann die Länge des Gebärmutterhalses. Wenn es Wehenaktivität gibt und der Muttermund sich öffnet, verkürzt sich der Gebärmutterhals. „Ergibt diese Messung einen Wert von weniger als 2,5 Zentimetern, muss dringend gehandelt werden“, sagt Dr. Kern. Viele Ärzte empfehlen dann Bettruhe, um die Belastung für die Gebärmutter möglichst gering zu halten und nicht noch zusätzliche Bewegungen auszulösen. Wissenschaftliche Studien, die einen Erfolg dieser Maßnahme belegen, gibt es aber nicht. In bestimmten Fällen kommen auch Medikamente in Betracht, die die Muskulatur der Gebärmutter und damit die Wehen hemmen.

Wenn diese Maßnahmen nicht helfen, kann es kritisch werden. Gängig ist dann eine Naht (Cerclage), die den Gebärmutterhals vorübergehend verschließt. Für komplizierte Ausnahmesituationen, in denen auch dies nicht zum Erfolg führt, weil der Druck in der Fruchtblase zu groß ist, kommt eine Entlastungspunktion des Fruchtwassers (Amnionfluid-Reduktion) in Betracht.

Im St. Elisabeth-Hospital wurde damit in mittlerweile 21 Fällen eine Frühgeburt, die das Kind in höchste Gefahr gebracht hätte, verhindert. Dabei wird die Fruchtblase mit einer Nadel angestochen, damit Fruchtwasser entweichen kann und der Druck vermindert wird. Dies ist aus zwei Gründen enorm kompliziert: Zum einen darf die extrem dünne und fragile Fruchtblase nicht zerstört werden, zum anderen soll nur ein Teil des Fruchtwassers abfließen. Im St. Elisabeth-Hospital waren es zwischen 300 Milliliter und 1,5 Liter.

Diesen Vorgang kontrolliert zu steuern, verlangt extreme Sorgfalt und Expertise. Der Zeitpunkt bei den 21 Punktionen war unterschiedlich. Der früheste lag in der 20. Schwangerschaftswoche. Die Anspannung ist in solchen Fällen riesig. Über die Maßnahme muss in kürzester Zeit entschieden werden. Das sind dann dramatische Prozesse und stets auch nur das allerletzte Mittel. Dr. Kern ist aber sehr glücklich darüber, dass alle diese Eingriffe zum Erfolg geführt haben. Eine wissenschaftliche Arbeit darüber ist zur Veröffentlichung eingereicht.