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Auf Augenhöhe
Onkologe trifft Entscheidungen gemeinsam mit dem Patienten
Welche Wünsche hat der Patient für seine Behandlung? Wie gut ist er über seine Erkrankung informiert? Und wie sind seine persönlichen Lebensumstände? Diese Fragen sind bei Krebs ganz besonders wichtig. Die Arzt-Patient-Beziehung ist sehr persönlich geprägt. „Beide – Arzt und Patient - müssen auf Augenhöhe sein“, betont Prof. Anke Reinacher-Schick, Chefärztin der Onkologie im St. Josef Hospital. Ihre eigene Rolle bringt sie so auf den Punkt: „Vor allem in unsicheren, aber auch palliativen Therapiesituationen muss ich herausfinden, wie jemand tickt, seine Wünsche, Haltung und Lebenseinstellung, aber auch seine Geschichte erfahren. Erst dann kann ich die für ihn passende, individuelle Therapie vorschlagen. Vorher nicht.“
Diesen Ansatz vermittelt Prof. Reinacher, indem sie gleich zu Beginn verdeutlicht: „Ich bin die Expertin für Ihre Erkrankung, aber Sie sind der Experte für sich. Niemand kennt Sie besser als Sie selbst.“ Die Entscheidung über die Therapie wird dann gemeinsam getroffen (sog. partizipative Entscheidungsfindung; shared decision making). Es ist nicht die Onkologie nach Kochrezept, die hier praktiziert wird, sondern eine auf Kommunikation, Informationsaustausch und gegenseitige Wertschätzung fußende personalisierte Behandlung.
„Ich betreute kürzlich einen Patienten mit einem metastasierten Bauchspeicheldrüsenkrebs. Ein kreativer Künstler, in seinem Metier auch international stark gefragt und noch mit vielen Zielen vor den Augen“, erinnert sich Anke Reinacher. „Um diese Projekte noch abschließen zu können, nahm er in Kauf, möglicherweise kürzer zu leben. Deshalb haben wir gemeinsam eine mildere Therapie mit mutmaßlich geringerer Wirkung, aber weniger Nebenwirkungen vereinbart.“ Der Patient soll – soweit die Erkrankung und die Symptome es zulassen - zufrieden sein mit der Entscheidung für eine Therapie. Persönliche Zufriedenheit macht seine Lebensqualität in dieser schwierigen Lage entscheidend aus.
Lebensqualität wird stark von Häufigkeit und Schwere der Nebenwirkungen einer medikamentösen Therapie beeinflusst. In der Onkologie geht es somit nicht nur um Verlängerung der Lebensdauer, sondern vor allem auch um die mögliche Vermeidung von Nebenwirkungen. Diese können vielschichtig sein: Blutbildveränderungen, Appetitlosigkeit, Geschmacksveränderungen, Durchfall, Müdigkeit oder ein Erschöpfungssyndrom, die sog. Fatigue. Die von Patienten vor allem gefürchtete Übelkeit und das durch Chemotherapie bedingte Erbrechen treten dank moderner Begleitmedikamente glücklicherweise nur noch selten auf. Diesen Risiken, die Lebensqualität und Zufriedenheit entscheidend beeinflussen, muss sich der Arzt stellen. Moderne Medikamente und Bestrahlungsverfahren bieten hier Möglichkeiten, die es bis vor wenigen Jahren noch gar nicht gab.
Die gemeinsame Entscheidungsfindung ist dann wichtig, wenn die Therapiesituation unklar ist, die Leitlinien sogenannte Kann-Empfehlungen geben oder es mehrere Optionen gibt. Um die gemeinsame Entscheidungsfindung zu festigen, sind im Team professionelle Kommunikationstrainings nötig. Dies will die Onkologie in Bochum in einem eigenen Forschungsprojekt etablieren.