Neue Score-Systeme

Neue Score-Systeme zur Antikoagulation und zur Einschätzung des Blutungsrisikos

Zusammengefasst von Prof. Dr. med. A. Mügge, Bochum

Eine Therapie mit oralen Antikoagulatien reduziert dramatisch das Risiko für thromboembolische Komplikationen bei Patienten mit Vorhofflimmern. Andererseits kann eine Behandlung mit oralen Antikoagulantien, insbesondere mit Vitamin K Antagonisten (VKA), zu Blutungskomplikationen führen. Zur Ermittlung des „clinical net benefits“ einer Antikoagulation wurden Scores entwickelt, die für den Arzt rasch and transparent anzuwenden sind.

Ein einfaches Instrument zur Schlagfall-Risikokalkulation ist der CHADS2 Score. Erreichte der Score 2 oder mehr Punkte, übersteigt das Risiko für thromboembolische Komplikationen 4.0 % pro Jahr im Rahmen von Vorhofflimmern. In der Regel wird bei diesem Risiko eine orale Antikoagulation mit VKA empfohlen. Der CHADS2-Score hat jedoch auch Nachteile: so klassifiziert er zu viele Fälle in die Risikogruppe mit 1 Punkt, und überlässt es den behandelnden Ärzten in dieser Situation entweder Aspirin oder VKA zu verschreiben; auch klassifiziert er nicht Patienten mit Vorhofflimmern und schlechter LV-Funktion oder solche mit begleitender pAVK als Hoch-Risikopatienten.

Die Europäische Gesellschaft für Kardiologie schlägt daher eine Modifikation vor – den CHA2DS2VASc Score. Der neue Risiko-Score berücksichtigt mehr verschiedene klinische Situationen. Er versucht eine klare Trennung zwischen solchen Patienten zu ziehen, die von einer Antikoagulation mit VKA profitieren, von solchen, bei denen keine Therapie notwendig ist. Beim Score von 0 Punkten wird keine Therapie empfohlen (auch kein ASS), beim Punkt von 1 ist eine Therapie mit ASS oder eine Antikoagulation möglich, jedoch wird ganz klar zu einer Antikoagulation geraten; ab 2 oder mehr Punkten wird eine orale Antikoagulation mit VKA empfohlen.

CHA2DS2VASc Score

Legende zur Abb.1: LV Dysfunktion= EF < 40% (dokumentiert durch Echokardiografie, Radionuklidventriculografie, Herzkatheter, kardiales MRT usw.). * Vaskuläre Erkrankungen=früherer Herzinfarkt, pAVK, aortale Plaques.

In den neuen Guidelines des ESC wird auch ein Risiko-Assessment für Blutungskomplikationen vorgestellt. Im Gegensatz zu früheren Versuchen besticht das neue System (HAS-.BLED) durch seine Einfachheit. Ein Score con 3 oder mehr Punkten spricht für ein hohes Blutungsrisiko.

HAS-BLED-Score

Legende zur Abb. 2: Hypertonie: systolisch RR > 160 mmHg; Abnormale Nierenfunktion: Dialyse, Zustand nach Nierentransplantation, oder Serumkreatinin > 200 umol/l; Abnormale Leberfunktion: chronische Lebererkrankungen zum Beispiel im Sinne einer Zirrhose, oder erhöhte Leberwerte (Bilirubin > 2 fach erhöht, GOT/GPT > 3 fach erhöht). Mit Blutung sind frühere Blutungen gemeint bzw. Erkrankungen, die eine Blutungsneigung anzeigen (z. B. Anämie). Labile INR Einstellung: < 60% der INR Werte im Zielbereich. Drugs/Alkohol= Einnahme von antithrombozytären Substanzen, oder NSARs oder Alkoholabusus.

Mehr Informationen unter www.escardio.org/guidelines