Kleinhirnerkrankungen / Ataxien

Verantwortlicher Ansprechpartner

Prof. Dr. Christiane Schneider-Gold

Oberärztin

Neurologie

Ataxien

Unter dem Krankheitsbegriff der Ataxien, auf griechisch etwa soviel wie "Nicht-Anordnung", wird eine Vielzahl verschiedener Erkrankungen zusammengefasst, denen das Hauptsymptom einer zunehmenden Gangunsicherheit gemeinsam ist. Bei den Erkrankungen kommt es zu einer mangelnden Koordination, d.h. einem fehlerhaften Zusammenspiel verschiedener Muskelgruppen bei der Ausführung von Bewegungen. Ursächlich liegt dem ein Untergang von speziellen Nervenzellen im Zentralnervensystem (ZNS), vor allem im Kleinhirn (Zerebellum) oder Rückenmark (Medulla spinalis), zugrunde.

Zu dem Symptom einer Ataxie kommt es unter anderem auch bei vielen Stoffwechselerkrankungen und anderen, häufig behandelbaren, Störungen. So zum Beispiel bei einer Störung des Vitaminhaushaltes, bei Schilddrüsenunterfunktion, bei alkoholtoxischer Kleinhirndegeneration, bei entzündlichen ZNS-Erkrankungen (z.B. MS), bei Tumorerkrankungen (paraneoplastische Kleinhirndegeneration), bei Vergiftungen mit z.B. Schwermetallen (Blei, Thallium u. a. ).

Diese Ataxien müssen unterschieden werden von den erblichen Formen der Ataxien. Erbliche Formen der Ataxien gibt es sowohl mit einem rezessivem als auch mit einem dominantem Erbgang.

Bei einem rezessiven Erbgang (z.B. Friedreichsche Ataxie) müssen beide Eltern das gleiche veränderte Gen haben und es an das Kind weitergeben, damit die Krankheit auftritt. Hat das Kind nur ein verändertes Gen, erkrankt es nicht, kann dieses aber weitergeben.
Bei einem dominanten Erbgang (spinozerebelläre Ataxien und Morbus Huntington) genügt es, wenn ein Elternteil das veränderte Gen trägt. Es reicht zum Ausbruch der Krankheit aus, wenn nur ein verändertes Gen vorhanden ist. Dies bedeutet aber auch, dass nur Eltern, die selbst erkrankt sind oder eventuell noch erkranken werden, das Gen weitergeben können.

Als große Gruppen der erblichen Ataxien sind zu nennen:

Spinozerebelläre Ataxien (SCA):

Die dominant vererbten SCA können derzeit aufgrund der vorliegenden Genmutation in die SCA 1-28 unterschieden werden (Stand 2007). Charakteristisch für alle Ataxien ist die Gangunsicherheit. Je nach Untergruppe einer SCA können jedoch verschiedene andere Symptome hinzukommen, wie etwa eine zunehmend verwaschene Sprache, Augenfolgestörungen und Doppelbilder, Schädigungen der peripheren Nerven, Krampfanfälle, Netzhautdegeneration, Zittern (Tremor) oder eine vermehrte Muskelsteifigkeit.
Gewissheit über den jeweils vorliegenden Typ der SCA kann die molekulargenetische Diagnostik bringen, da es viele Überschneidungen zwischen den Symptomen gibt. Die autosomal dominanten Ataxien kommen etwa mit einer Häufigkeit von 1:100.000 vor, in Deutschland findet sich überwiegend der Subtyp SCA 1,2, 3 und 6.

Zu den autosomal dominant vererbten Ataxien gehören ferner auch die Episodischen Ataxien (EA 1-5), eine Sonderform stellt die Dentato-rubro-pallido-luysiane Atrophie (DRPLA) dar, die überwiegend in Japan vorkommt.

Friedreich-Ataxie:

Die Friedreich-Ataxie ist mit etwa 1:50.000 die häufigste Form der rezessiv vererbten Ataxien. Die Erkrankung beginnt ebenfalls meistens mit einer Gangunsicherheit, zu der Sprechstörungen, Feinmotorikstörungen und weitere Krankheitszeichen hinzutreten können. Häufig findet sich eine Skoliose, also eine seitliche Verbiegung der Wirbelsäule, eine Hohlfußbildung und eine Beteiligung des Herzmuskels. Die Erkrankung ist langsam fortschreitend. Seit 1996 ist eine verlässliche molekulargenetische Diagnostik möglich.

Weitere Informationen auch unter:

Forschungsschwerpunkte und Kooperationen:

Teilnehmer des EUROSCA - Projektes inklusive "Natural History Study" und des GeNeMove - Teilprojektes SCA3 werden weiterhin durch Frau Dr. S. Szymanski betreut (Kontakt ebenso über Frau Dünwald, s.o.).