Interventionell-radiologische Therapie der Arthrose am Kniegelenk – wenn Medikamente und Spritzen nicht mehr helfen

Sie wissen, dass Sie an einer Arthrose des Kniegelenkes leiden und die bisher durchgeführten Behandlungen und Therapieversuche führten nicht zu einer ausreichenden Linderung Ihrer Beschwerden?
Ihr Arzt bzw. ihr Orthopäde rät Ihnen zu einer Knieprothese, aber Sie sind noch nicht bereit dafür?
Dann sollten Sie über einen neuen Zwischenschritt in der Behandlung Arthrose-bedingter Beschwerden nachdenken: die Embolisation der Arterien des Kniegelenks.

Worum handelt es sich bei diesem minimal-invasiven Eingriff?

Bei der Embolisation der Kniegelenkarterien (GAE, Genikular-Arterien-Embolisation oder engl. „genicular artery embolization“) handelt es sich um eine neuartige, minimal-invasive Therapie bei Kniegelenkarthrose. Das Verfahren kann Ihnen helfen, Ihre Schmerzen zu lindern und Ihre Beweglichkeit zu verbessern. In der Folge dürfen Sie insgesamt davon ausgehen, dass Ihre Lebensqualität wieder steigen wird, da Sie Ihren alltäglichen Verrichtungen wieder viel problemloser nachgehen können.

Was passiert bei einer Arthrose?

Bei der Kniegelenkarthrose kommt es durch ein Missverhältnis von Belastung und Belastbarkeit der Strukturen des Kniegelenks zu einer fortschreitenden Zerstörung des Knorpels im Kniegelenk. In späteren Stadien werden auch die Knochen angegriffen. Insbesondere kommt es aber auch zu meist schubweise auftretenden, entzündlichen Veränderungen des Gelenkes. Dieser Prozess wird unterhalten durch eine zunehmende Ausbildung von Blutgefäßen (Neovaskularisation) und von einer dauerhaften Reizung der sensiblen Nervenenden, die sich in einer Spirale gegenseitig immer weiter verstärken. Die Folge sind eine Verdickung der zunehmend entzündeten Gelenkschleimhaut (Synovialitis) mit Ausbildung von immer wiederkehrenden Gelenkergüssen mit schmerzhafter Schwellung des Gelenks. In der Summe führen diese Prozesse zu einer beschleunigten Knorpel- und Knochenschädigung. Die immer weiter fortschreitenden Gelenkbeschwerden können schließlich in einer vollständigen Gelenkversteifung münden.

Wie wirkt die Embolisation der Kniegelenkarterien bei der Kniegelenksarthrose?

Die Embolisation der Kniegelenkarterien kann zur Behandlung von Kniegelenkarthrose eingesetzt werden, wenn sich Schmerzen und Bewegungseinschränkungen verschlimmern und mit Medikamenten und Injektionen nicht mehr beherrschen lassen bzw. wenn Ihr Leidensdruck zu hoch wird.

Das Ziel der Embolisation bei Kniegelenksarthrose ist es, den Blutfluss zu den schmerzhaften und entzündeten Bereichen des Kniegelenks, insbesondere der Gelenkkapsel mit der entzündeten Gelenkschleimhaut zu verringern. Durch die gezielte Blockade oder Verringerung des Blutflusses mittels kleiner Partikel, die in die betroffenen Arterien injiziert werden, werden Entzündungen reduziert und das übermäßige Gewebewachstum gehemmt.

Durch die Unterbrechung der entzündlichen Prozesse und der Gewebevermehrung werden Schmerzen und Bewegungseinschränkungen reduziert. Mittlerweile wurde in vielen Studien gezeigt, dass die Embolisation der Arterien, die zu den entzündlichen Prozessen ziehen, bei Patienten mit Gelenksarthrose zu einer langfristigen und deutlichen Schmerzreduktion, zu einer verbesserten Mobilität und zu einem Wiederanstieg der Lebensqualität führt.

Der Eingriff kann, wie andere konservative Verfahren auch, die Kniegelenksarthrose nicht heilen, sondern behandelt die Symptome. Das bedeutet, dass weder der Gelenkknorpel noch die Knochen durch das Verfahren wiederhergestellt werden können.

Es kann vorkommen, dass nach langer Zeit der Symptombesserung, wieder eine Verschlimmerung der Beschwerden auftritt. In solchen Fällen kann der Eingriff problemlos wiederholt werden. Außerdem schädigt das Verfahren weder den Knorpel noch den Knochen, so dass es nicht zu einer Verschlimmerung der Arthrose kommen kann. Falls es doch irgendwann notwendig werden sollte, eine Kniegelenkprothese zu implantieren, ist das nach der Genikular-Arterien-Embolisation ohne Einschränkungen möglich.

Wie läuft der Eingriff ab?

Positionierung: Sie werden auf dem Rücken liegend auf dem Untersuchungstisch platziert. Es ist wichtig, dass Sie so gut liegen, dass Sie über die Dauer des Eingriffs ruhig liegen können. Machen Sie uns aufmerksam, wenn wir Sie dabei durch Kissen oder Polster unterstützen können. Die meisten Eingriffe dauern etwa eineinhalb Stunden, in komplizierten Situationen kann es auch länger dauern.

Vorbereitung der Einstichstelle: Die Einstichstelle wird desinfiziert und steril abgedeckt, um Infektionen zu vermeiden. In der Regel wird die Leiste als Zugangsweg verwendet, andere Zugangsstellen sind jedoch möglich.

Lokalanästhesie: Vor dem Eingriff wird in der Leiste eine örtliche Betäubung verabreicht, um sicherzustellen, dass Sie während des Eingriffs keine Schmerzen haben. Typischerweise erreichen wir das zu behandelnde Knie über einen Zugang auf der gleichen Seite, in bestimmten Situationen, können wir aber auch von der anderen Seite zugehen. Eine Vollnarkose ist für den Eingriff weder nötig noch sinnvoll. Leicht sedierende Medikamente oder Schmerzmedikamente können Ihnen auf Ihren Wunsch hin während des Eingriffs jederzeit verabreicht werden.

Kathetereinführung: Nach der Punktion der Leistenarterie wird eine Schleuse ins Gefäß gelegt, damit daraufhin die erforderlichen Materialien, z.B. Mikrokatheter (Außendurchmesser ca. 0,5 mm), ohne erneutes Trauma der Gefäßwand eingeführt werden können. Mithilfe der Angiographie, einem kontrastmittelgestützten Röntgenverfahren, wird dieser Mikrokatheter in die betroffenen Kniearterien (bis zu sechs für jedes Kniegelenk) eingeführt (sogenannte „superselektive Sondierung“).

Injektion der Embolisationsmaterialien: Sobald angiographisch bewiesen ist, dass der Katheter an der richtigen Position ist, werden kleine Partikel in die Kniegelenkarterien injiziert. Diese Partikel führen zum Verschluss (Embolisation) der feinsten Arterien der Gelenkschleimhaut (synoviale Kapillaren) und damit der schmerzhaft entzünden Bereiche des Kniegelenks. Die Entzündung wird „trockengelegt. Die großen zuführenden Arterien und die Knochen-versorgenden Arterien bleiben hierbei offen.

Abbildung: Kniegelenk von hinten mit Gelenkkapsel und versorgenden Arterien (bunt). Die Pfeile markieren entzündete Regionen mit Verdickung der Gelenkschleimhaut. Durch die sechs bunt eingezeichneten Arterien erreicht man die entzündeten Regionen und kann deren Blutversorgung unterbrechen, um Schmerzen zu beseitigen und die Gelenkbeweglichkeit wieder herzustellen.

Kann der Eingriff mehrfach durchgeführt werden?

Ja. So ist es beispielsweise möglich, dass in einer zweiten Sitzung weitere Arterien embolisiert werden, sollten sich nach dem ersten Eingriff die Beschwerden nicht ausreichend zurückgebildet haben. Es kann nämlich sein, dass beim ersten Eingriff beispielsweise drei Arterien betroffen sind, aber schon Monate später, die Entzündung an anderer Stelle auftritt. Außerdem ist es denkbar, dass ein erster Eingriff zwar zu einer guten Reduktion der Beschwerden geführt hat, aber nach einigen Jahren die Beschwerden wieder zunehmen. Dann ist es problemlos möglich, den Eingriff erneut durchzuführen, ohne dass hierbei höhere Risiken, als beim ersten Eingriff entstünden. Auch konservative Therapien (medikamentöse Therapie, Physiotherapie etc.) können selbstverständlich ohne Einschränkungen ergänzend weiter durchgeführt werden. Da bei dem Verfahren die synovialen Kapillaren embolisiert werden und zuführende Arterien sowie Knochen-versorgende Arterien offenbleiben, ist ein späterer Gelenkersatz ebenfalls ohne Einschränkungen möglich.

Welche Risiken bestehen?

Blutungen: Es besteht ein geringes Risiko für Blutungen an der Punktionsstelle oder im unmittelbar umliegenden Gewebe. Vor dem Eingriff werden Sie eine Blutuntersuchung erhalten und es werden Ihnen Fragen gestellt, um Ihr persönliches Blutungsrisiko einschätzen und minimieren zu können. Solche Blutungen bilden einen Bluterguss unter der Haut, der innerhalb von ein bis zwei Wochen wieder verschwindet.

Infektionen: Obwohl Infektionen selten sind, besteht immer ein geringes Risiko für Infektionen an der Einstichstelle oder in den umliegenden Geweben. Durch die minimal-invasive und sterile Vorgehensweise, ist dieses Risiko äußerst gering.

Allergische oder allergoide Reaktionen: In einigen Fällen kann es zu Reaktionen auf die verwendeten Materialien kommen, wie zum Beispiel auf das verwendete Kontrastmittel. Es ist wichtig, dass Sie uns Ihre bekannten Allergien mitteilen, damit wir entsprechende Vorbereitungen treffen können, um das Risiko einer Reaktion zu minimieren.

Schäden an umliegenden Geweben im Embolisationsbereich: Während des Eingriffs besteht ein geringes Risiko für Schäden an den umgebenden Geweben des behandelten Knies. Gemeint sind damit Haut, Nerven, Muskeln oder andere Blutgefäße durch eine sogenannte Fehlembolisation. Wir lassen äußerste Sorgfalt walten lassen, um solche Schäden zu vermeiden. Nach der Embolisation kann es gelegentlich zu einer lokalen Hautverfärbung kommen, welche sich meist ebenfalls nach ein bis zwei Wochen vollständig zurückbildet.

Unzureichende Linderung der Symptome: Obwohl die Embolisation der Kniegelenkarterien speziell dazu entwickelt wurde, Schmerzen und Entzündungen zu lindern, besteht die Möglichkeit, dass die Behandlung nicht die gewünschten Ergebnisse erzielt. In einigen Fällen kann es sein, dass weitere Behandlungen oder alternative Therapieansätze erforderlich sind. Bei über 80% der Patienten verschwinden die Beschwerden innerhalb von Wochen und sind nach zwei Jahren immer noch vollständig beseitigt.

Unter welchen Voraussetzungen komme ich für das Verfahren infrage?

Kniegelenksarthrose: Leiden Sie unter einer Kniegelenksarthrose, die trotz konservativer Behandlungsmethoden wie Physiotherapie, Schmerzmitteln oder intraartikulären Injektionen weiterhin starke Schmerzen verursacht, kann eine Embolisation in Erwägung gezogen werden. Es ist wichtig, dass andere Behandlungsoptionen ausgeschöpft wurden, bevor diese invasive Maßnahme erwogen wird. Auch wenn ihr Orthopäde eine Endoprothese vorschlägt, Sie aber noch nicht bereit für eine solche Operation sein sollten, bietet sich die Genikular-Arterien-Embolisation als Verfahren an.

Andere Erkrankungen des Kniegelenks: In einigen Fällen kann auch bei anderen Erkrankungen (z.B. bei rezidivierenden Kniegelenkblutungen, Tumor-bedingt oder bei Gefäßmissbildungen) eine Embolisation in Erwägung gezogen werden, um Schmerzen zu reduzieren. Die Entscheidung hierfür wird mit Ihnen zusammen individuell auf Basis einer umfassenden Beurteilung Ihres Krankheitsbildes getroffen.

Kostenübernahme: In der Regel werden die Kosten des Eingriffs sowohl von privaten Krankenversicherungen als auch von gesetzlichen Krankenkassen übernommen.

An wen wende ich mich zur Terminvereinbarung und wie ist der Ablauf vor und nach dem Eingriff?

Ansprechpartnerin

Petra Stern

Telefon 0234/509-3311
Telefax 0234/509-3307

Hier können Sie einen Termin für ein ausführliches Aufklärungsgespräch vereinbaren. Wenn Sie den Eingriff durchführen lassen möchten, werden wir mit Ihnen und unserer Klinik für Orthopädie die Termine für die weiteren Schritte koordinieren.

Vorbereitende Bildgebung: Wir benötigen von Ihnen eine Röntgenuntersuchung sowie eine MRT-Untersuchung mit intravenöser Kontrastmittelgabe des betroffenen Gelenks. Diese können von uns durchgeführt werden oder Sie können uns die Bilder bereits extern durchgeführter Untersuchungen zur Verfügung stellen. Wir benötigen diese, um die Indikation und Eignung für das Verfahren bei Ihnen festzustellen. So wird im Röntgenbild die Arthrose an sich beurteilt und im MRT die Synovialitis (Entzündung der Gelenkschleimhaut) – dabei ist die intravenöse Kontrastmittelgabe sehr wichtig.

Aufklärungsgespräch: Sie werden durch uns in einem ambulanten persönlichen Gespräch über den Ablauf, die Risiken, die Vorteile und therapeutische Alternativen aufgeklärt. Sie dürfen und sollen dabei alle Fragen stellen, die Sie noch haben. In einigen Fällen kann es notwendig sein, vor der Embolisation bestimmte Medikamente abzusetzen oder spezielle Anweisungen für die Vorbereitung zu befolgen. Bitte halten Sie sich an diese Anweisungen, um den Erfolg des Eingriffs zu unterstützen.

Stationäre Aufnahme am Interventionstag: Am Tag des Eingriffs werden Sie morgens durch die Orthopädie des St. Josef-Hospital stationär aufgenommen. Nach dem Eingriff sind Bettruhe und ein Druckverband notwendig.

Entlassung am Folgetag: Aufgrund der minimalen Invasivität und Komplikationsarmut des Eingriffs können Sie im Allgemeinen bereits am Folgetag wieder entlassen werden. Wir empfehlen, nach dem Eingriff noch eine Woche auf größere Belastungen zu verzichten. Sonstige Einschränkungen sind nicht zu erwarten. Selbstverständlich stehen wir Ihnen bei Fragen auch nach dem Eingriff zur Verfügung.

Nachbetreuung: Bitte bedenken Sie, dass noch nicht alle Ärztinnen und Ärzte, die Sie zu uns überweisen umfangreiche Erfahrungen mit diesem Verfahren haben. Deshalb freuen wir uns, wenn Sie uns nach dem Eingriff bei Problemen oder gerne auch bei unzureichendem oder erwartungsgemäßem Therapieerfolg kontaktieren. Die weitere orthopädische Behandlung können wir aber nicht übernehmen.

Kann dieses Verfahren nur am Kniegelenk angewandt werden?

Nein, grundsätzlich kann die Gelenkembolisation auch an anderen Gelenken eingesetzt werden. Sie wird dann allgemeiner als „Transarterielle Periartikuläre Embolisation“ oder kurz „TAPE“ bezeichnet. So ist das Verfahren in unserer Klinik auch an der Schulter bereits erfolgreich eingesetzt worden. Es ist nur so, dass das Verfahren für die Kniearthrose am besten wissenschaftlich untersucht ist und hier die meisten Erfahrungswerte bestehen. Sollte bei Ihnen eine Arthrose des Schultergelenkes (Omarthrose) oder des Ellenbogens (bspw. Tennis- oder Golferellenbogen) oder des Sprunggelenkes vorliegen, können Sie sich genau wie Patienten mit Kniegelenksarthrose an uns wenden und wir werden gemeinsam mit Ihnen eruieren, ob das Verfahren bei Ihnen in Frage kommt.