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Ich gehe total darin auf - Interview mit zwei Auszubildenden
Fachkräftemangel, Arbeitsüberlastung, Nachwuchssorgen – solche Themen dominieren das Bild der Pflege in der Öffentlichkeit. Leider oft sehr einseitig. Welche Beweggründe haben junge Menschen, dennoch den Beruf des Gesundheits- und Krankenpflegers zu ergreifen? Wir sprachen mit Jennifer Henke (22) und Marc-André Stiewe (30), seit April 2017 Pflegeschüler im Katholischen Klinikum.
Aus welchen Gründen haben Sie sich dazu entschlossen, in die Pflege zu gehen?
Marc: Ich habe bereits eine Ausbildung zum Kaufmann im Gesundheitswesen gemacht und insgesamt sechs Jahre im Medizinproduktevertrieb gearbeitet. Dadurch hatte ich viel Kontakt zu Krankenhäusern und dabei gemerkt, dass mich die Anwendung viel mehr interessiert hat als der Vertrieb. Ich wollte aus dem Büro raus – also habe ich mich über den Beruf informiert, ein Praktikum auf der Chirurgie I gemacht – und mich dann beworben.
Jennifer: Ich arbeite schon, seit ich zehn bin, beim Technischen Hilfswerk mit, habe dort eine Grundausbildung gemacht. Meine Mutter ist auch Krankenschwester, und mir war schon relativ früh klar, dass ich in diese Sparte möchte. Ich hatte auch schon Praktika und ein Freiwilliges Soziales Jahr im Krankenhaus gemacht. Ich war erst an einem kleineren Haus und bin dann zum Klinikum gewechselt, weil es hier allein aufgrund der Größe viel mehr Möglichkeiten gibt.
Was gefällt Ihnen besonders an diesem Beruf?
Jennifer: Es ist spannend zu sehen, wie man Patienten mit Empathie und Menschlichkeit helfen kann und wie wichtig die Psyche ist. Ich gehe total darin auf und arbeite auch nebenbei noch im Springerpool mit. Diese Gemeinschaft im Klinikum ist einfach toll. Und die Schule steht immer hinter uns.
Marc: Ich wollte etwas Sinnvolles mit einem größeren Mehrwert für mich selbst machen. Und der Pflegeberuf ist vielfältig und facettenreich. Die Arbeit in der Geriatrie lässt sich zum Beispiel nicht mit der Arbeit im OP vergleichen – aber man kann beides machen. Es wird nicht langweilig, und wenn es das wider Erwarten werden sollte, kann man innerhalb des Berufs wechseln.
Gibt es auch Enttäuschungen? Stichwort Arbeitsüberlastung und Fachkräftemangel.
Marc: Natürlich kann man nicht all das leisten, was wir so aus Büchern lernen. Da gibt es schon einen Bruch zwischen Theorie und Praxis – die Personaldecke ist nun mal so, wie sie ist. Aber man ist trotzdem motiviert, weil man immer den Menschen sieht und diesem helfen möchte.
Würden Sie sich wünschen, dass der Beruf der Krankenpflege in der Gesellschaft eine größere Anerkennung als bisher bekommt?
Marc: Das Ansehen des Berufs in der Gesellschaft ist leider eher schlecht. Ich selbst habe ein bisschen unterschätzt, was man hier leisten muss – meine kaufmännische Ausbildung war nichts dagegen! Viele denken ja, wir sind nur für Ausscheidungen und Körperpflege zuständig – aber wir müssen viel Hintergrundwissen zu ärztlichen Tätigkeiten haben. Die Ausbildung ist meiner Meinung nach schon mit einem Bachelor-Studium vergleichbar. Aber dafür bekommen wir in der Ausbildung schon gutes Geld…
Jennifer: Es wird oft unterschätzt, was wir in der Ausbildung leisten. Meine Freunde studieren – und wenn die sehen, was ich mache, heißt es oft: „Du bist doch nur Krankenschwester“... Keiner hätte erwartet, was wir leisten müssen – das sieht man von außen ja nicht, was man alles an Hintergrundwissen haben muss.
Erfüllt die Ausbildung Ihre Erwartungen?
Marc: Es ist ein sehr problemorientiertes Lernen und relativ wenig Frontalunterricht. Da muss man sich schon selbst organisieren und motivieren – aber das finde ich gut.
Jennifer: Mir gefällt es gut, dass man nicht jeden Tag von acht bis 16 Uhr in der Pflegeschule sitzt. Ich finde auch, dass man dabei sehr gut lernt, sich selbst zu organisieren.
Denken Sie, dass eine Akademisierung der Pflege das Ansehen in der Gesellschaft erhöhen würde?
Jennifer: Ich glaube, dann würden es weniger Leute machen.
Marc: Man kann ja schon Pflege studieren, aber verdienen würde man ja im Endeffekt wahrscheinlich dasselbe. Und vor allem ist Pflege ein praxisnaher Beruf. Ich denke, das Studium bringt einem nicht immer etwas für die Praxis, auch wenn es eventuell das Ansehen erhöht.
Wo sehen Sie sich in zehn Jahren?
Marc: Ich will auf jeden Fall so lange in der Pflege bleiben, wie es geht. Aber als Kaufmann im Gesundheitswesen habe ich noch einen Plan B, falls ich den Beruf in der Pflege irgendwann einmal nicht mehr ausüben können sollte. Persönlich haben mir Intensivstation und OP am besten gefallen, aber auch die Neurologie.
Jennifer: Ich denke, ich werde auf die Intensivstation gehen, das heißt die Fortbildung machen – und vielleicht auch noch studieren.
Flexible Arbeitszeitmodelle
In einem 24-Stunden-Betrieb mit Drei-Schicht-System den vielen unterschiedlichen Bedürfnissen der Mitarbeiter gerecht zu werden, ist nicht einfach. Um gute Mitarbeiter in Zeiten des Fachkräftemangels zu halten und neue zu gewinnen, wird es immer wichtiger, flexible Arbeitszeitmodelle anbieten zu können.
„Unsere Maxime ist: Die Arbeitszeiten passen sich den Prozessen auf den Stationen an, und die sind überall anders“, erklärt Christiane Bunse-Elsner von der Pflegedirektion des Katholischen Klinikums. „Und wir wollen natürlich familienfreundliche Arbeitszeitmodelle haben. Diese beiden Herausforderungen muss man übereinander bringen.“ Sie stellt aber auch klar: „Wenn alle von acht bis zwölf arbeiten wollen, geht das nicht.“ Die Kunst sei es, verschiedene Arbeitszeitmodelle im Unternehmen sozialverträglich und effektiv zu verteilen: „Dabei muss man kreativ sein.“
Es sind nicht nur Rückkehrerinnen aus der Elternzeit, die sich kinderbetreuungsfreundliche Arbeitszeiten wünschen. Bunse-Elsner: „Es kommen auch Bewerber mit ganz speziellen Wünschen – zum Beispiel auch nach der Vereinbarkeit von Arbeit und Studium.“ Mit einem umfangreichen Arbeitszeitmodell gelingt es der Pflegedirektion oft, auch in scheinbar aussichtslosen Fällen eine praktikable Lösung zu finden. Wie beispielsweise bei einer jungen Elternzeit-Rückkehrerin, deren Kinderbetreuung schwer erkrankt war, so dass sie nur ein bis zwei Stunden täglich arbeiten konnte: Sie wurde patientenfern zur Medikationsvorbereitung eingesetzt.
„Oder wir hatten eine Mitarbeiterin, die von jetzt auf gleich mit Zwillingen alleinerziehend war – ohne sozialen Background, der irgendwie hätte helfen können“, erinnert sich Christiane Bunse-Elsner. „Sie hat nun eine Teilzeitstelle und arbeitet täglich von neun bis 13 Uhr.“ In solchen Fällen müsse man natürlich auf allen Stationen schauen, wo man die Mitarbeiterin mit welchen Tätigkeiten einsetzen kann. „Es ist ein bisschen Puzzlearbeit – aber wir wollen die Mitarbeiter ja auch angemessen einsetzen.“
In Zeiten, in denen der Wunsch nach einer geregelten Freizeit in allen Altersgruppen gleich groß ist, wird diese Puzzlearbeit für die Pflegedirektion letztlich auch zum Selbstzweck: „Ohne flexible Arbeitszeitmodelle reduzieren vor allem Jüngere auf 80 Prozent und gehen mit den restlichen 20 Prozent zu einer Leiharbeitsfirma oder üben andere Nebentätigkeiten aus“, weiß Bunse-Elsner. „Diese Abwanderung der Fachkräfte wollen wir natürlich verhindern, denn auch 20 Prozent tun uns im Intensivbereich und in der Geriatrie mit den vorgeschriebenen Personaluntergrenzen weh!“ Am Ende profitiert das Klinikum aber auch von den immer flexibleren Arbeitszeiten: „Man kann viele Arbeitsprozesse besser anpassen und sich dabei aus einem Pool unterschiedlicher Arbeitszeiten bedienen."